Was heißt eigentlich "perfekt"?
Mit dieser Frage haben wir in der heurigen Fastenzeit am Europagymnasium Vom Guten Hirten in Baumgartenberg ein Nachdenken darüber angestoßen, an welchen Idealvorstellungen wir unseren Körper, unser Auftreten, unsere Leistungen, unsere Freunde, kurzum: unser ganzes Leben messen.
Wer gibt den Maßstab vor? Wer entscheidet darüber, ob etwas ideal, ob jemand schön, ob ein Leben gelungen ist? Und: Wie kann ich mich aus solchen "Schubladen" befreien?
Die Bibel ist voll von Geschichten über so gar nicht perfekte Zeitgenossen. Von Noah wird erzählt, dass er betrunken war, Jakob hat seinen Bruder betrogen, Mose einen ägyptischen Aufseher getötet, Gideon war ein Angsthase, David hatte Affären, Jona wollte vor Gott davonlaufen, Saulus verfolgte Christen.
Die "Helden" der Bibel sind fehlerhaft. Wir lesen von Menschen, die dieselben Ängste, Probleme und Herausforderungen meistern mussten wie wir heute. Wir lesen nicht von Heiligen mit einem perfekten Glauben.
Als Menschen lassen wir uns oft vom äußeren Schein blenden. Wir sehen nicht die Kämpfe hinter einem schönen Bild oder einer perfekten Fassade. Gleichzeitig sind besonders jene Menschen für uns inspirierend, die trotz aller Unzulänglichkeiten ihren Alltag meistern und mutig gestalten.
Es sind nicht die Heiligen mit einem unerschütterlichen Glauben, die Erfolge feiern, sondern genau solche Antihelden wie du und ich.
Fehler sind erlaubt, Fehler helfen, sich weiterzuentwickeln. Besser als einem Perfektionismus nachzujagen ist es wahrscheinlich, etwas gnädiger mit sich selbst zu sein. Denn Gott ist auch barmherzig. Vielleicht geht es eher darum, die richtigen Prioritäten zu setzen und dann zu entscheiden, was wirklich wichtig ist im Leben.
Papst Franziskus hat vorgelebt, was es heißt, jedem Menschen auf Augenhöhe wertschätzend zu begegnen. Bewahren wir sein Vermächtnis und folgen wir seinen Spuren – ohne Anspruch auf vordergründigen Perfektionismus, dafür bruchstückhaft und ehrlich.
Andrea Plank
Referentin für Katholische Privatschulen